Analyse von Short-Term Transactions: Spekulationen am Immobilienmarkt und ihre Auswirkungen

Im Immobilienmarkt sind kurzfristige Käufe mit anschließendem raschen Weiterverkauf – sogenannte "Short-Term Transactions" – ein Phänomen, das zunehmend an Bedeutung gewinnt. Diese Transaktionen haben das Potenzial, erhebliche Wertsteigerungen zu generieren und werfen zugleich Fragen nach spekulativem Verhalten und Marktverzerrungen auf. Besonders relevant ist dies in Zeiten steigender Immobilienpreise und einer zunehmenden Verknappung von verfügbarem Bauland.

DataScience Service GmbH hat durch die tagesaktuelle Verarbeitung sämtlicher Kaufurkunden in Österreich seit 2019 eine einzigartige Möglichkeit, Transaktionsmuster flächendeckend zu analysieren. Diese Daten ermöglichen es, ungewöhnliche Marktbewegungen wie eben die „Short-Term Transactions“ zu identifizieren, die auf spekulative Marktaktivitäten hindeuten könnten.

Ein besonders aufsehenerregendes Beispiel wurde Anfang 2024 publik: Ein Fall, bei dem ein gemeinnütziger Wohnbauträger über eine zwischengeschaltete Firma überteuertes Grünland erwarb. Innerhalb eines Tages stieg der Wert des noch nicht gewidmeten Grundstücks um 21 Millionen Euro. Solche Ereignisse verdeutlichen die potenziellen Auswirkungen kurzfristiger Wiederverkäufe auf die Preisentwicklung und den Immobilienmarkt insgesamt.


Die DataScience Service GmbH hat die sogenannten "Short-Term Transactions" umfassend analysiert und dabei insbesondere Transaktionen untersucht, die am selben Tag oder innerhalb eines kurzen Zeitraums erfolgten. Im Rahmen dieser Analyse wurden sämtliche Kaufverträge seit 2019 herangezogen, um wiederholte Transaktionen innerhalb von 50 Tagen zu identifizieren. Dabei wurden sowohl unbebaute Grundstücke als auch bebaute Objekte berücksichtigt. Um eine verlässliche Zuordnung zu ermöglichen, wurde ein Self-Join auf Basis von Namen, Objektstandorten und Vertragsdaten angewendet, wobei auch unscharfe Übereinstimmungen ("fuzzy join") berücksichtigt wurden.

Insgesamt waren 267 Objekte von solchen mehrfachen Transaktionen betroffen. Bei der Mehrheit dieser Fälle handelte es sich um zwei aufeinanderfolgende Verkäufe, aber es gab auch Fälle, in denen Objekte innerhalb kurzer Zeit mehrmals den Besitzer wechselten. Die detaillierte Analyse solcher Transaktionen liefert wertvolle Erkenntnisse darüber, wie oft und in welchem Umfang solche Wiederverkäufe vorkommen und welche Faktoren möglicherweise spekulative Interessen vermuten lassen.

Bei der Analyse der Transaktionen wurde festgestellt, dass bei 93 % der betroffenen Objekte innerhalb von 50 Tagen zwei Verkäufe stattfanden – also zwei Verträge mit einer vermittelnden Partei dazwischen. In den verbleibenden 7 % der Fälle wechselten die Objekte sogar drei bis acht Mal den Besitzer innerhalb dieses kurzen Zeitraums. Insgesamt wurden dabei 570 Kaufurkunden ausgewertet, die einen detaillierten Überblick über die Vertragsabschlüsse liefern.


Dynamik und regionale Schwerpunkte von Short-Term Transactions

Die Analyse zeigt, dass sich die meisten Objekte, die von kurzfristigen Wiederverkäufen betroffen waren, in Niederösterreich befanden. Dort lagen 30 % der untersuchten Objekte, was 71 von insgesamt 267 Immobilien entspricht. Die Steiermark folgt mit 16 % bzw. 44 betroffenen Objekten. Diese regionale Verteilung lässt darauf schließen, dass insbesondere bestimmte Gegenden anfälliger für solche schnellen Transaktionen sind, was möglicherweise mit der jeweiligen Marktdynamik oder speziellen lokalen Gegebenheiten zusammenhängt.



Eine detaillierte Analyse auf Bezirksebene verdeutlicht, dass sich wiederholte Transaktionen besonders in den Regionen rund um die Landeshauptstädte Wien, Graz und Klagenfurt häufen. Diese urbanen und stadtnahen Gebiete scheinen besonders anfällig für kurzfristige Wiederverkäufe zu sein, was auf höhere Marktnachfrage und potenziell spekulative Aktivitäten hinweisen könnte. Spitzenreiter unter den Bezirken ist Wien Donaustadt, wo 9 Objekte innerhalb kurzer Zeit mehrmals den Besitzer wechselten.



Preisentwicklung und spekulative Absichten bei kurzfristigen Wiederverkäufen

Die größte Preisdifferenz in den analysierten Transaktionen stellte der in den erwähnten Zeitungsartikeln beschriebene Fall in Niederösterreich dar, bei dem der Wert eines Grundstücks von einer Transaktion zur nächsten um 21 Millionen Euro stieg. Abseits dieses Extremfalls lagen die Preisdifferenzen bei den meisten Wiederverkäufen jedoch in einem deutlich geringeren Rahmen. Der durchschnittliche Zugewinn pro Transaktion betrug etwa 53.000 €, während der Median bei lediglich 1.200 € lag (Q1: -6.600 €, Q3: 60.000 €).

Die Validierung einzelner Fälle zeigte, dass auch Wiederverkäufe mit nur geringem oder gar keinem Preisunterschied korrekt im Datensatz erfasst waren. Solche geringen Differenzen könnten durch die Immobilienertragsteuer (ImmoESt) beeinflusst sein, da sämtliche Gewinne aus dem Verkauf von Immobilien einkommensteuerpflichtig sind. Eine geringere Preisdifferenz bedeutet somit auch eine niedrigere Steuerlast für die beteiligten Parteien.

Ein besonders interessantes Ergebnis der Analyse betrifft den Zeitpunkt der Transaktionen. 35 % der Wiederverkäufe innerhalb des 50-Tage-Fensters fanden am selben Tag statt. Dies deutet darauf hin, dass viele dieser Fälle im Vorfeld genau geplant und die Verträge bereits vorbereitet wurden. Die Tatsache, dass diese Transaktionen häufig ohne direkte Vermittlung zwischen Käufer und Verkäufer abgewickelt wurden, legt nahe, dass hier spekulative Absichten eine Rolle gespielt haben könnten.



Vertragsparteien und Marktverzerrungen: Privatpersonen versus Unternehmen

Die Analyse der Vertragsparteien zeigt ein klares Muster: Während bei den initialen Verkäufen häufig Privatpersonen involviert sind, nimmt deren Anteil bei den nachfolgenden Transaktionen deutlich ab. Im Gegenzug steigt der Anteil der Unternehmen, die als Käufer oder Verkäufer auftreten. Dies könnte darauf hindeuten, dass institutionelle Akteure zunehmend in spekulative Immobiliengeschäfte involviert sind und eine aktivere Rolle bei kurzfristigen Wiederverkäufen spielen.



Zusammenfassend lässt sich sagen, dass die Untersuchung wiederholter Transaktionen wertvolle Einblicke in spekulative Marktbewegungen liefert. Ein Großteil der analysierten Transaktionen findet innerhalb der ersten Woche nach dem ersten Kauf statt, was auf eine gezielte Strategie hindeuten könnte. Der spektakulärste Fall mit dem höchsten finanziellen Gewinn war der bereits erwähnte Fall aus den Zeitungsberichten.

Um jedoch noch präzisere Analysen zu ermöglichen, könnten zukünftige Untersuchungen Anteile und Teilverkäufe stärker einbeziehen. Dadurch ließe sich die Zuweisung von Transaktionsgewinnen noch klarer differenzieren. Trotz der aufschlussreichen Ergebnisse sollte jedoch stets auch ein Blick in die eigentlichen Transaktionsdokumente geworfen werden, um abschließend zu beurteilen, ob eine Transaktion tatsächlich spekulativ ist. Ein gründlicher Blick ins Grundbuch ist daher unerlässlich, um solche Vorgänge umfassend zu bewerten. Für weitere Informationen kontaktieren Sie bitte unsere Expert:innen unter info@ds-s.at.

[1] DerStandard. Die vergoldete Wiener Gstätten: 21 Millionen Euro Wertsteigerung an einem einzigen Tag. Veröffentlicht am 30. Januar 2024. Verfügbar unter: www.derstandard.at/story/3000000205854/die-vergoldete-wiener-gstaetten-21-millionen-euro-wertsteigerung-an-einem-einzigen-tag

[2] Wiener Zeitung. Die Goldgräber von Essling. Veröffentlicht am 29. Januar 2024. Verfügbar unter: www.wienerzeitung.at/a/die-goldgraeber-von-essling

[3] Falter. Auf Kosten der Bauern: Immo-Firmen treiben die Bodenpreise im 22. Bezirk hoch. Ausgabe vom 30. Januar 2024. Verfügbar unter: www.falter.at/zeitung/20240130/auf-kosten-der-bauern-immo-firmen-treiben-die-bodenpreise-im-22-bezirk-hoch

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